09/2022

Caravaning für Urlaub und Freizeit

Viel mehr als ein Trendsetter – nicht nur für Individualisten

Text + Fotos: H.Malguth

Der gigantische Publikumszuspruch beim Besuch des CARAVAN SALONS 2022 in Düsseldorf ist ein Beleg dafür, dass es auch Branchen gibt, die sich in Zeiten der Pandemie zu den Gewinnern zählen können. Kein Zweifel: Caravaning, das Reisen mit dem Wohnmobil, erlebt seit Jahren einen kontinuierlichen Aufschwung.
Angesichts von 235.000 Besuchern aus 72 Ländern kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die 736 nationalen und internationalen Aussteller mit prall gefüllten Auftragsbüchern nach Hause gefahren sind. Die Messeleitung registriert eine auffällig hohe Zahl an Erstbesuchern und Neueinsteigern – darunter viele junge Familien – die der Faszination der Reisemobilität zu erliegen scheinen. Auf den ersten Blick mögen die Anschaffungskosten noch eine unüberwindliche Hürde darstellen. Somit spiegelt sich auf dem Gebrauchtfahrzeugsektor dieser Trend eindeutig wider: Gepflegte und selbst zwanzig Jahre alte Wohnmobile – teilweise ohne oder nur mit geringem Wertverlust – werden den Vorbesitzern geradezu aus den Händen gerissen.

Unser Tipp zur Rentabilität:
Wer sein Wohnmobil vorübergehend vermietet, der kann einen Teil seiner Unterhaltskosten mittels Camper-Sharing erheblich reduzieren.
»Oberstes Gebot für den Verkaufspreis ist dabei nicht etwa der Kilometerstand oder das Alter, sondern vielmehr der Pflegezustand des Gebrauchtmobils.« Darauf verweist der Experte Ingo Wandner während seines Bühnenvortrags auf dem CARAVAN SALON 2022 und liefert gleich noch weitere Argumente:

»Eine Fahrzeugwäsche ist natürlich immer sinnvoll. Nicht zuletzt deshalb, um eventuelle Schäden frühzeitig zu entdecken, sondern auch, um sie zu beheben und damit Folgeschäden zu vermeiden. Wichtig ist auch, nicht aus kürzester Entfernung Dichtungen, wichtige Auf-kleber oder Kühlschrankgitter mit dem Dampfstrahler oder Hochdruckreiniger zu bearbeiten. Tabu sind auch alkoholhaltige Reiniger zur Säuberung der Acrylfenster, die andernfalls blind werden oder in Folge dessen sogar Haarrisse davontragen können. Weiterhin sollte man sich beim Reinigungsprozess auch dem Fahrzeugdach widmen. Witterungsbedingte Hinterlassenschaften wie Moos können Dichtungen unterwandern und zu Undichtigkeiten führen.

Apropos Dichtigkeit: Wer einen neuen Caravan kauft, erhält damit eine sogenannte Dichtigkeitsgarantie. Ein Passus in allen Kaufverträgen besagt, dass diese Garantie nur bestehen bleibt, wenn man sein Fahrzeug einmal im Jahr einer gebührenpflichtigen Dichtheitskontrolle beim Fachhändler unterzieht.«    

Teilintegrierte Wohnmobile am Beispiel von Carthago und Rapido
Teilintegrierte Fahrzeuge erfreuen sich nicht zuletzt großer Beliebtheit beim Publikum, weil sie (in aller Regel) erschwinglicher sind. Sie basieren auf den Chassis bekannter Automarken wie Ford, Fiat oder Mercedes und unterscheiden sich dann durch ihre jeweiligen Caravan-aufbauten.

So basiert der 7,5 m lange Carthago Chic C-Line T 4.9 LE auf dem Mercedes-Benz Sprinter. Der Hersteller setzt dabei auf einen vielfach bewährten Grundriss mit Einzelbetten über einer geräumigen Heckgarage, Bad mit separater Duschkabine und einer Sitzgruppe in L-Form. Sein gediegenes Ambiente orientiert sich an Kunden mit hohem Komfortanspruch. Entsprechend bewegen sich auch die Preise in einer Dimension, die eher nicht auf den Normalverbraucher zugeschnitten sind und deutlich jenseits von 100.000 Euro liegen.

Beinahe nur die Hälfte muss man investieren, um stolzer Besitzer eines Modells aus der Van-Baureihe von Rapido zu werden. Das 6,59 Meter lange und 2,17 breite Fahrzeug ruht auf dem Fahrgestell des Fiat Ducato und startet bei einem Preis von 61.800 Euro. Dafür gibt‘s ein Queenbett im Heck, bei Bedarf mit elektrischer Absenkung für einen leichteren Zugang oder mehr Garagenhöhe. Sitzgruppe, zwei große Dachfenster, erweiterbarer Tisch, Eckbank, Cockpitsessel und Einzelsitz zählen zum Interieur und sollen bis zu fünf Personen Platz bieten. Die Küche punktet mit Zweiflammherd und einer XL-Schublade, die auch hohe Töpfe auf-nimmt. Hinter der schwenkbaren Waschtisch-wand verbirgt sich die Dusche.

Herzlich willkommen im Hotel auf Rädern: Mini-Komfortdusche und Queenbett mit jeder Menge Stauraum (Rapido).

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Photovoltaik für die Columbus Modelle 2023 mit mehr als 350 Watt Leistung. ® Westfalia Mobil

Fahrzeugintegrierte Photovoltaik – Solarmodule für Reisemobile
Die Diskussion um die Nutzung erneuerbarer Energien macht auch vor dem Caravanmarkt nicht halt: Als Resultat präsentiert das Solartechnologie-Unternehmen OPES Solutions gemeinsam mit dem Reisemobilspezialisten Westfalia eine besonders leistungsfähige Solarstromlösung für Campingfahrzeuge. Hierbei finden große Solarmodule erstmals Platz in der normalen Fahrzeugkonfiguration der von Westfalia ausgestatteten Fahrzeuge. Sie werden direkt in das Dach integriert, zählen somit zur Serienausstattung und versprechen eine größere Flexibilität bei gleichzeitig geringerer Abhängigkeit vom Stromnetz. Die neuartigen, dunkel gehaltenen Module, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer CSP, sind rahmenlos, weisen ein geringes Gewicht aus und wurden auf klimatische Extrembedingungen und Vibrationen beim Fahren abgestimmt. Dank ihrer Vollintegration in die Dachfläche finden Dachgepäckträger und Dachboxen wie gewohnt ihren Platz.

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Fenster sorgen für ein großzügiges Raumgefühl. ® Westfalia Mobil

Smart Caravaning – Vernetzung der Bordtechnik mit dem Smartphone
Jeder Trend weckt automatisch neue Begehrlichkeiten. Dazu zählt die Vernetzung der Bordtechnik mit dem Smartphone. So präsentiert die niederländische Firma E-Trailer. Nachrüstlösungen für Wohnwagen und Wohnmobile, womit sich unter anderem Reifendruck, Stützlast oder die Füllstände von Batterie, Gasflasche und Wassertank auf dem Smartphone ablesen lassen.

EQV mit Campingumbau von Sortimo Walter Rüegg AG.
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® group-media mercedes-benz.com

Elektromobilität Elektro-Van mit Modularkonzept: Mercedes-Benz EQV
Das Thema E-Mobilität verändert derzeit auch die Modellpaletten nahezu sämtlicher Anbieter. Viele befinden sich hier noch in der Entwicklungsphase, andere wiederum elektrifizieren konsequent alle Baureihen.
So auch Mercedes-Benz: Mit den EQV 300 sowie 250, zwei batterie-elektrisch angetriebenen Pendants zur V-Klasse, verfügen die Stuttgarter Autobauer über aktuelle Caravanstromer mit zwei unterschiedlichen Batterievarianten: Versprochen werden Reichweiten von 326 bis 363 Kilometer bzw. 213 bis 236 Kilometer.

Beide Modelle werden in zwei Längen (5.140 cm oder 5.370 cm) angeboten und sollen an der Schnellladesäule innerhalb von 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent aufzutanken sein. Ein wesentliches Kriterium als Verkaufsargument, wenn man bedenkt, dass ein Camper seinen Zielort nicht schon mit einer Akkuladung erreicht hat und man seine Fahrt nach Möglichkeit nicht durch zig Tankstopps unterbrechen möchte. Beim EQV versorgen Solarpanels auf dem Dach die Camping-Batterie und vermitteln zumindest die Idee von energieorientierter Unabhängigkeit.

Fiat
verfügt mit dem Scudo über den Primus unter den Basisfahrzeugen für Elektro-Reisemobile. Es punktet mit Aufstelldach, einer theoretischen Reichweite von 330 Kilometern sowie einem zulässigen Gesamtgewicht von 3.027 Kilogramm. Werte, die für einen leichten Campingbus-Ausbau durchaus interessant sein könnten.

Ford
hält im Segment der Kastenwagenausbauten seinen E-Transit bereit, der als Basis eines Reisemobils ideale Voraussetzungen bietet. Bei einer angedachten Reichweite von 317 Kilometern und 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht scheint er prädestiniert für gemütliche Tagesetappen.
Wir verweisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf, dass wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit bei der Nennung von Modellpaletten oder Anbietern im E-Mobilbereich erheben. Gleichwohl dient dieses Kapitel als Einstieg in ein Thema, das sich zunehmender Beliebtheit bei handwerklich begabten Individualisten erfreut – dem Selbstausbau von Reisemobilen. Grund genug für die Veranstalter des CARAVAN SALONS, diesem Spektrum ein eigenes Podium zu bieten – durch eine fachlich versierte Vortragsreihe der Experten vom Magazin explorer sowie einer Ausstellungsfläche mit Exponaten auf dem Messegelände.  

Abenteuer Selbstausbau
Nicht selten veranlassen hohe Anschaffungskosten beim Erwerb von Campern nicht nur handwerkliche Individualisten zum Umbau eines Serienfahrzeugs als Reisemobil. Konnten bislang schon diverse Anbieter für Zubehör und Technik auf engstem Raum, von Elektrik, Dachluken, Kühlschränken und Heizungen auf der Düsseldorfer Messe ausstellen, so hat man 2022 erstmals auf die rasant zunehmende Anzahl der Selbstausbauer reagiert:

Auf einer 200 Quadratmeter großen Sonderfläche hat man dem »Abenteuer Selbstausbau« nicht nur deutlich mehr Spielraum zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wurde es von der Messeleitung zum Schwerpuntkthema erklärt. Flankiert von inspirierenden Vorträgen der im  Selbstausbau versierten Redakteure des explorer Magazins wurden hier den Besuchern wertvolle Anregungen geboten.

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®Messe Düsseldorf / ctillmann

Wen‘s interessiert: Nachzulesen im explorer Magazin bzw. zu verfolgen in zahlreichen anschaulichen Videobeiträgen auf YouTube.  
Quelle: Presseteam des Caravan Salons Düsseldorf

Wermutstropfen für alle Selbstausbauer oder dienjenigen, die es noch werden wollen:
Laut Redaktion explorer schränkt der ADAC seine Unterstützung für Selbstausbauten künftig stark ein. Somit finden nur noch Fahrzeuge, die auch in den Fahrzeugpapieren als »sonstiges Kfz: Wohnmobil« deklariert sind, Gnade in den Augen der »Gelben Engel«, wenn eine Panne das Mobil lahmlegt.  

Ein Wohnmobil ist nur ein Wohnmobil, wenn es als Wohnmobil eingetragen ist
Was bedeutet das jetzt konkret für Camper mit Fahrzeugen, die nicht als Wohnmobil geführt werden?
Es gibt keine Pannenhilfe für Fahrzeuge über 3,5 t, wenn es sich um einen Camper handelt, der als historisches Fahrzeug eingetragen ist, als Expeditionsmobil oder als Lkw, deren aufgesattelter Wohnkoffer als Ladung deklariert ist. Dies gilt auch für alle ADAC Premium-Mitglieder, deren Zulassungsbescheinigung das Fahrzeug nicht eindeutig als Wohnmobil ausweist. Wer das nicht vorweisen kann, muss notgedrungen auf andere Pannenhelfer ausweichen.

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®Tischer GmbH

Am Anfang war der Pritschenwagen…
Mit ihrer Idee, einen VW Pritschenwagen zum Campingmobil umzubauen, belebten Josef und Peter Tischer eine Erfolgsstory sondergleichen: Sie entwickelten ein mobiles Zuhause für unterwegs und legten damit den Grundstein für ihre eigene Firma – die TISCHER GmbH.

Die Überlegung ist so einfach wie genial: So lassen sich derzeit nahezu alle auf dem deutschen Markt erhältlichen Pick-ups mit einer sogenannten Absetzkabine zum vollwertigen Camper umkonstruieren. Mit ca. 50 Mitarbeitern produziert das Unternehmen aktuell mehr als 230 Kabinen im Jahr. Hochwertige Materialien, handwerkliche Präzision und Liebe zum Detail sind die Erfolgsrezepturen für Kabinen in Top-Qualität. Hinzu kommt ein umfassendes Serviceangebot mit Reparatur- und Ersatzteil-service, der keine Kundenwünsche offenlässt.

Zwei große Vorteile liegen dabei auf der Hand: Unterwegs ist man mit Huckepackkabine ähnlich mobil wie in einem Pkw. Am Urlaubsort kann man die Absetzkabine einfach absatteln und kann den Pick-up im Handumdrehen wie ein ganz normales Alltagsauto verwenden.

Laut Firmeninhaber Peter Tischer gestaltet sich der Umwandlungsprozess ohne großen Aufwand: »Jede Kabine wird mit Stützen geliefert. Die Stützen dienen dem Auf- und Absetzen der Kabine und tragen die Kabine, wenn sie nicht auf dem Pick-up befestigt ist. Das Auf- und Absetzen dauert ca. 15 Minuten und gestaltet sich ziemlich einfach: Soll die Kabine aufgesetzt werden, fährt man einfach die Stützen so weit aus, dass die Ladefläche des Pick-ups bequem darunter passt. Anschließend wird die Kabine herabgelassen und mit Halteteilen auf der Ladefläche befestigt.
Soll die Kabine abgesetzt werden, ist das genauso leicht. Hierfür löst man die Stromversorgung und die Halteteile, montiert die Stützen und fährt diese so weit aus, dass der Pick-up bequem unter die Kabine gefahren werden kann. Die Kabine kann problemlos auch längere Zeit auf den Stützen geparkt werden.«

Geeignete Basisfahrzeuge:
Dodge Ram, Ford Ranger, Isuzu, Land Rover Defender, Mazda, Mitsubishi/Fiat, Nissan Pick-up

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®Tischer GmbH

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