04/2021

Die goldene Stadt

Besuch der tschechischen Hauptstadt inmitten der Pandemie

Text und Fotos: H. Malguth

Die Karlsbrücke (nach Karl, dem IV., benannt, ab 1357) war bis ins 19. Jahrhundert die einzige feste Verbindung zwischen Kleinseite und Altstadt. Die viele Steinfiguren auf der Brücke sind aus den 17.Jh.)

Derzeit sind Städtereisen in Zielgebiete außerhalb Deutschlands bekanntlich nur sehr eingeschränkt möglich. Wir haben die tschechische Hauptstadt im vergangenen Sommer besucht – zu einem Zeitpunkt, als das Reisen unter Berücksichtigung landespolitischer Vorgaben also noch erlaubt gewesen ist. Unser Entschluss, Prag unmittelbar nach dem Abebben der ersten Pandemiewelle einen Besuch abzustatten, hat sich dabei als goldrichtig erwiesen:

Die Nerudagasse (Nerudova) mit sehr schön erhaltenen Bürgerhäusern führt hinauf zur Prager Burg. Hier lebten früher Hochadel und Handwerker nebeneinander.

Normalerweise gilt die Stadt als eines der begehrtesten Reiseziele unter den europäischen Metropolen. Und in dieser Kategorie erlebt man Prag auch eher nicht als riesige Großstadt, sondern als pittoresken Anziehungspunkt im Westentaschenformat. Und genau das erweist sich für den an den Sehenswürdigkeiten interessierten Besucher der Stadt regulär als Problem: Zumindest im Zentrum Prags tummeln sich dann Zigtausende von Touristen und Einheimischen. Zwar lassen sich viele Ziele zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln außerordentlich gut erreichen, aber Cafés, Restaurants und Hotels können die Vielzahl an Gästen manchmal kaum unterbringen. Wir erleben unsere mehrtägige Stippvisite Ende Juli 2020 zu einer Zeit, als der Großteil der üblicherweise im Sommer hier anwesenden Touristen coronabedingt zu Hause geblieben ist oder sich anderweitige Ziele gesucht hat:

Keine Menschenmassen auf der Karlsbrücke, kein unendliches Geschiebe durch die historischen Gassen und Straßen der Stadt. Auch fototechnisch können wir bei der späteren Komposition dieses Reiseberichts auf den Einsatz von Photoshop am Computer weitgehend verzichten. Perfekt!

1 Karlsbrücke
2 Nerudova
3 Prager Burg
4 Dom St. Veit
5 Georgs Basilika
6 Alter Königspalast

7 Goldenes Gässchen
8 Palastgärten (Zahrada)
9 Altstadt mit astronomischer Uhr
10 Parizska
11 Spanische Synagoge
12 Wenzelsplatz

Die Prager Burg (Pražský hrad) ist die weltweit größte Festung und war im 14. Jh. der Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches. Im Burgpalast hat heute der tschechische Staatspräsident seinen Sitz. Unter den Prunktor findet täglich um 12.00 Uhr die Große Wachablösung statt (wie in London ein Publikumsmagnet).

Von Berlin aus braucht man nur vier Stunden mit dem Auto, aus Dresden schafft man es in etwa zwei, von Nürnberg aus sind es drei Stunden bis nach Prag. Die Anreise mit der Bahn erweist sich ebenfalls als schnell und relativ günstig. Die Zugverbindungen aus den meisten Teilen Deutschlands sind oft zum Sparpreis erhältlich. Vom Hauptbahnhof in Prag kann man eigentlich alles fußläufig erreichen. Die Prager Altstadt ist nur ca. 10 Gehminuten vom Bahnhof entfernt.

Die Georgbasilika aus dem 10. Jh. ist die schönste romanische Kirche Prags.

Auch viele Fernbusse fahren mittlerweile regelmäßig nach Prag und treffen in der Regel am Hauptbahnhof oder am Busbahnhof Praha Florence ein, der sich nur eine U-Bahn-Haltestelle vom Hauptbahnhof entfernt befindet.

Bezahlt wird in Tschechischen Kronen (CZK). Der Wechselkurs liegt grob zwischen bei 1:25. Das heißt für 1 Euro bekommt man ca. 25 (CZK). In den Prager Bussen kann man nur in bar und in Landeswährung zahlen. Für Busfahrten sollte man stets eine kleinere Summe Bargeld dabeihaben oder das Busticket online kaufen. Als weitere öffentliche Verkehrsmittel stehen Straßenbahnen und die U-Bahn zur Verfügung.

Vom Ticketsystem in Prag können sich viele deutsche Städte eine Scheibe abschneiden: Für Metro, Busse und Bahnen gelten jeweils die gleichen Tarife.

So unterscheidet man nur drei verschiedene Fahrkarten, die für Reisende relevant sind:

Das Standardticket zu 32 CZK – ca. 1,25 Euro hat eine Gültigkeit von 90 Minuten. Damit kann man alle Verkehrsmittel benutzen.

Mit dem Kurzstreckenticket zu 24 CZK – ca. 90 Cent – kann man 30 Minuten fahren, ohne umzusteigen (Ausnahme: In der Metro ist das Umsteigen erlaubt).

Ein 24-Stunden-Ticket kostet 110 CZK – ca. 4,46 Euro (Stand Oktober 2022) und ist ab dem Zeitpunkt des Abstempelns gültig. Wichtig: Die Automaten nehmen nur Kleingeld und keine Scheine. Wenn man kein Kleingeld zur Verfügung hat, bekommt man seinen Fahrschein auch an Kiosken oder über die App »Sejf«. Da in Metrostationen häufig nach dem Aussteigen an den Rolltreppen kontrolliert wird, sollte man sein Ticket nicht direkt am Bahnsteig wegwerfen, sondern wirklich erst, wenn man die Station verlassen hat.

Im Alten Königspalast (Starý královský palác) beeindruckt das 13 m hohe Schlingrippengewölbe (1503). Hier fanden früher u.a. Bankette und Ritterspiele statt.

Das Goldene Gässchen (Zlatá ulicka) ist berühmt durch die elf kleinen Häuschen. Hinter Glas kann man sehen, wie die Menschen im 16. Jahrhundert wohnten und arbeiteten.

An Übernachtungsmöglichkeiten mangelt es in Prag zwar nicht, aber die Preise variieren sehr stark und sind vor allem in der Hauptsaison von Mai bis September und zu Weihnachten deutlich höher als in der Nebensaison.

Viele Reisende, insbesondere die Genießer des süffigen Bieres, übernachten direkt in der Altstadt oder in der angrenzenden Neustadt. Zum Übernachten bieten sich eine Vielzahl exklusiver, aber auch preiswerterer Hotels sowie günstige Ferienwohnungen an, wobei letztere eher in den etwas außerhalb liegenden Bezirken zu finden sind.

Insgesamt erweist sich Prag als vergleichsweise günstig. Wer Bargeld benötigt, wird in den zahlreichen Wechselstuben, Banken und Geldautomaten fündig.

 

Die Sightseeing-Highlights:

Die Karlsbrücke als eine der ältesten Steinbrücken Europas, gilt wohl für alle Besucher der Stadt als unausweichliches Ziel. Sie verbindet die Prager Stadtteile Malá Strana und Staré Mesto und ist – das haben uns einheimische Bewohner einhellig bestätigt – normalerweise rund um die Uhr von Fußgängern bevölkert. Zeitweise gestaltet sich der Publikumsansturm als so gewaltig, dass man sich nur in Tippelschritten vorwärtsbewegen kann. Diese fragwürdige Erfahrung ist uns Gott sei Dank erspart geblieben. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs zählen wir maximal 40 weitere Passanten auf der Brücke, die über die Moldau führt.

Gesamtlänge: 516 m
architektonische Höhe: 13 m

Im 1. Stock der Häuschen befindet sich eine Ausstellung mit Rüstungen, antiken Schwertern und weitere Waffen. Wer sich zum Ausgang des Gässchens orientiert, der muss makabrerweise einen ehemaligen Folterkeller durchqueren.

Eine gold-verzierte RitterrüstungDer Hradschin bezeichnet das historische Viertel auf dem Prager Burgberg. Geprägt wird es von der weithin sichtbaren Prager Burg und dem Veitsdom. Bis heute dient die Burg dem tschechischen Präsidenten als Amtssitz. Wer hierher kommt, um die verschiedenen Sehenswürdigkeiten in dem Burgbergviertel wie den Ehrenhof, das Goldene Gässchen, die Heilig-Kreutz-Kapelle oder die Nationalgalerie im Sternberg Palais zu erkunden, sollte sich dazu den frühen Morgen auswählen, wenn das Schloss gerade erst öffnet – oder aber eine günstige Periode zwischen zwei Coronawellen...

Der Gedenkobelisk für die Opfer des 1. Weltkriegs zeugt von jenem historischen Ereignis, das noch heute in den Geschichtsbüchern nachzulesen ist:

Die Begebenheit, die ganz Europa veränderte, ereignete sich hier im Mai 1618, als der damalige Statthalter des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, Ferdinand II., aus einem Fenster der Burg geworfen und somit als »2. Prager Fenstersturz« zum Auslöser des Dreißigjährigen Krieges wurde, der Mitteleuropa nachhaltig veränderte.

Das Goldene Gässchen ist die wohl berühmteste Straße der Stadt. Hier sind die Häuser der Gasse auf dem Hradschin so klein, dass man das Gefühl hat, sich in dem Miniaturnachbau einer historischen Straße zu befinden. Die Bauten stammten aus dem 16. Jahrhundert und dienten seinerzeit den insgesamt 24 Wachleuten von Kaiser Rudolph II. als Unterkünfte. Der Platz war knapp, und so mussten die Häuser sehr klein gebaut werden. Nach dem späteren Abzug der Wachen zogen auch andere Menschen, insbesondere Goldschmiede und Händler, in die Häuser ein. Daraus leitet sich der Name dieser historischen Prager Straße ab. Berühmtheit erlangte das Gässchen jedoch aufgrund der Tatsache, dass der bekannte Schriftsteller Franz Kafka einst in der Hausnummer 22 beheimatet war und arbeitete (1916 bis 1917).

Wieviel Grün die Stadt zu bieten hat, wird u.a. an den Südhängen unter der Prager Burg deutlich: Hier erstreckt sich ein Komplex miteinander verbundener historischer Gärten (Ledebur-Garten, Kleiner und Großer Palffy-Garten, Kolowrat-Garten und Kleiner Fürstenberg-Garten). All diese Palast-Terrassengärten verfügen über eine Vielzahl architektonischer Oranmente, dekorative Treppen, Balustraden, Aussichtsbalkone, Glorietten und Pavillons, die mit der Natur im Einklang stehen. Von hier bietet sich ein herrlicher Ausblick über das malerische Panorama Prags.

Der langgestreckte Wenzelsplatz zählt mit seinen 700 Metern Länge zu den größten Plätzen Europas. Die gesamte Platzfläche umfasst nicht weniger als 45.000 m2. Seinen Namen verdankt er einem böhmischen Fürsten, dem Heiligen Wenzel von Böhmen, der im Jahr am 28. September 935 von seinem Bruder Boleslav ermordet wurde und bis heute einen guten Ruf genießt. Dies lässt sich schon daran ablesen, dass in der Tschechischen Republik an seinem Todestag der Nationalfeiertag begangen wird.

Im Laufe der jüngeren Historie diente der Wenzelsplatz immer wieder mal als Stätte geschichtsträchtiger Ereignisse: Hier sind insbesondere die Ausrufung der tschechischen Revolution 1918, der Aufstand gegen die sowjetische Besatzung 1969 anlässlich der Niederschlagung des sogenannten »Prager Frühlings« sowie die friedliche Revolution von 1989 zu erwähnen.

Der Altstädter Ring (Staromestské námestí) ist der älteste Platz in Prag und umgeben von historischen Gebäuden wie u.a. dem Altstädter Rathaus mit der astronomischen Uhr und der gotischen Teynkirche. In der Mitte befindet sich das Denkmal des böhmischen Reformators Jan Hus.

Heute flanieren hier Tausende Schaulustiger an den zahlreichen Geschäften einer modernen Einkaufsstraße vorbei. Sie finden hier als willkommene Unterbrechung ihrer Shoppingtour Platz in den vielen gemütlichen Straßencafés und Restaurants. Besonderer Symbolik erfreut sich der Wenzelsplatz alljährlich zum Jahresausklang, wenn hier Touristen und Einheimische gemeinsam auf das neue Jahr anstoßen und ein gigantisches Feuerwerk den Prager Nachthimmel erhellt.

Der Prager Zoo liegt ein wenig außerhalb des Zentrums und ist nicht nur für Tierliebhaber interessant. Er ist nicht nur der größte Zoologische Garten Tschechiens, sondern zählt gleichzeitig zu den schönsten Tierparks weltweit.

Und wo sich viele Touristen tummeln, da warten auch zahlreiche Gourmettempel auf hungrige Gäste. Man findet sie überall in der Stadt verteilt: Angefangen von den traditionellen Trdelník Verkaufsständen mit ihren auf Stöcken aufgerollten und über offenem Feuer gebackenen Teigrollen, über böhmische Feinbäckereien und Konditoreien (siehe Foto rechts) bis hin zu den erstklassigen Restaurants.

Die Pariser Straße (Parížská) im jüdischen Viertel Josefov wurde im 19. Jh. nach dem Vorbild Paris saniert mit vielen Jugendstilhäusern. Halten Sie Ihre Kreditkarte fest: Hier reihen sich Niederlassungen der teuersten Luxusmarken wie an einer Perlenkette aneinander.
Das Altstädter Rathaus mit der astronomischen Uhr.

Ein unvergesslicher Abend mit Tisch direkt am Moldauufer beinahe auf Augenhöhe des Wasserspiegels lässt sich im Kampa Park erleben. Direkt am Fuße der Karlsbrücke gelegen, überzeugt das beinahe wie ein überdimensionales Hausboot anmutende Etablissement durch eine auch im Michelin Gastroführer gelobte Küche, aufmerksames Servicepersonal und ein auf starke Publikumsresonanz ausgelegte Großzügigkeit. Hier überkommt den Gast an lauschigen Sommerabenden mehr als nur ein Hauch von Mittelmeerflair. Die von exquisiten Meeresfrüchten geprägte Küche, die auch eine reichliche Auswahl an einheimischen und internationalen Rezepten zu bieten hat, trägt wesentlich dazu bei. Das Preisniveau ist gehoben, aber der Qualität durchaus angemessen.

Die meisten Restaurants befinden sich aber auf der gegenüberliegenden Uferseite der Moldau, in der Altstadt. Hier werden die engen Straßen nahezu rund um die Uhr von Touristen bevölkert. Die Dichte an Museen und anderweitigen Sightseeing-Zielen spiegelt sich naturgemäß auch im kulinarischen Segment wider. Von Fast Food bis Sterneküche ist dabei alles vertreten.

Die mächtige Turmuhr am Giebel deutet an, was hier die Stunde geschlagen hat: Im »U Fleku« ist auch zu Coronazeiten immer etwas los. Der im Innenhof liegende Biergarten ist nur im Sommer geöffnet.

Stellvertretend für viele weitere Touristenattraktionen möchten wir hier das legendäre U Fleků erwähnen. Dieses Speiselokal genießt bei vielen Prag-Besuchern absoluten Kultstatus. Auf der Speisekarte finden sich überwiegend traditionelle tschechische und böhmische Spezialitäten, die man hier üblicherweise mit einer gehörigen Portion Lagerbier herunterspült. Die erste historische Eintragung datiert aus dem Jahr 1499. Selbst bei Wikipedia ist dieses in der Neustadt gelegene Brauhaus mit einem Eintrag vertreten. Für Fußballanhänger bemerkenswert ist dabei, dass kroatische Studenten hier im Jahre 1911 den legendären Fußballclub Hajduk Split gegründet haben sollen.

Wer Sightseeing, gute Unterkunft und erstklassige Gastronomie als Gesamterlebnis für seinen Prag-Aufenthalt verbuchen möchte, dem empfehlen wir das 5-Sterne-Hotel Aria im Stadtzentrum (Kleinseite) in der Trziste 9, 11800 Prag 1. Seine öffentlich zugängliche Gartenanlage eignet sich hervorragend als Rückzugsort nach einem anstrengenden Stadtrundgang, zum Ausspannen oder als erstklassige Location für Hochzeitsfotos oder anderweitige Porträts.

Selbst im Verzeichnis des UNESCO Welterbes ist dieser einzigartige Barockgarten gelistet. Das Hotel liegt nur vier Häuser neben der US-Botschaft im renommierten Stadtviertel Malá Strana unweit der Prager Burg. Da versteht es sich fast von selbst, dass dieses erstklassige Haus auch über eine ebensolche Gastronomie verfügt: Die Dachterrasse des hauseigenen Restaurants Coda erlaubt einen atemberaubenden 360°-Rundblick über die Dächer der Stadt und bietet den perfekten Rahmen für ein lauschiges Diner. Die Karte ist übersichtlich, aber ausgewogen zusammengestellt vom unnachahmlichen Nils Jebens, Prags führendem Gastronomen und Besitzer des bereits erwähnten Restaurants Kampa Park.

Die mächtige Turmuhr am Giebel deutet an, was hier die Stunde geschlagen hat: Im »U Fleku« ist auch zu Coronazeiten immer etwas los. Der im Innenhof liegende Biergarten ist nur im Sommer geöffnet.

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