Einfach mal richtig blau machen
Entdecken Sie die Kunst zu (er)leben
Text: H. Malguth, Fotos: Adobe Stock, H. Malguth
Wer an die Côte d’Azur denkt, verschwendet vermutlich zunächst mal keinerlei Gedanken an namhafte Künstler wie Picasso, Matisse, Chagall oder Renoir.
Zugegeben – wir auch nicht. Doch sahen sich die besagten alten Meister ausgiebig inspiriert, um hier über Jahre zu verweilen und unzählige ihrer größten Kunstwerke zu schaffen. Sie alle erlagen der Schönheit dieser Landschaften (und vermutlich nicht nur diesen!), dem milden Klima und – vor allem – dem einzigartigen Licht.
So verwundert es nicht, dass die Côte d’Azur vor Museen und Kulturtempeln nur so strotzt. Dies ist gleichzeitig unser erster Tipp für Reisende, die ihre Begeisterung für die Kunst, das Blau des Himmels und des Mittelmeeres harmonisch miteinander in Einklang bringen möchten.
Savoire vivre wie Gott in Frankreich
Flugreisenden empfehlen wir, das Gepäck möglichst noch am Airport Nizza in einen Mietwagen umzuladen und die Region dann autark zu erkunden. Die generelle Anreise mit dem Auto können wir aber gleichermaßen empfehlen:
Die französische Autoroute du Soleil (A 7) führt entlang des Rhônetals im Südosten Frankreichs und verbindet Lyon mit Marseille. Sie ist vorbildlich ausgebaut und zählt zu den wichtigsten Verkehrsverbindungen für all jene, die es in den sonnigen Süden zieht.
Kurz vor Marseille verlassen wir die A 7 in Richtung Osten und cruisen auf der A 8 weiter nach Aix-en-Provence. Diese herausgeputzte Universitätsstadt sieht sich selbst als Inbegriff der Region Provence-Alpes-Côte d‘Azur. Es lohnt sich auf jeden Fall, hier die Weiterreise an die Küste zumindest für ein, zwei Tage zu unterbrechen. Die Altstadt, Galerien, Boutiquen und schicke Geschäfte sowie die Flaniermeilen lassen den Besucher eintauchen in das besondere Flair dieser Region. Möchte man die Lavendelblüte vor den Toren der Stadt erleben, muss man zwischen Anfang Juni und Anfang August anreisen. Dann bietet sich dem Betrachter der unvergessliche Eindruck violetter Farbenpracht in Form eines vollendeten Naturwunders. Allerdings geben wir zu bedenken, dass die Monate Juli und August als Hauptferienzeit in Frankreich gelten und die Preise allerorts daran angepasst werden.
Wir setzen unsere Reise fort. Wer der Einladung einer 120 km langen Küste mit 150 Stränden nicht widerstehen kann, der darf sich nun auf ein unvergleichliches Urlaubs- und Freizeiterlebnis freuen. Dazu stehen Besuche weltbekannter Städte und Ortschaften wie Saint- Tropez, Cannes, Saint Paul de Vence, Nizza und Grasse auf der Reiseroute. Eingerahmt wird die Küstenregion von einem hügeligen bis gebirgigen Hinterland, wie man es sich abwechslungsreicher kaum vorstellen kann und für diese Region nicht unbedingt erwartet.
Um unser erstes Bade- und Ausflugsziel zu erreichen, verlassen wir die A 8 in Richtung Saint-Tropez, dem beliebten Urlaubsziel der Reichen und Schönen.
Bevor wir am 4,5 km langen Pampelonne Beach unsere Badetücher ausbreiten können, steht uns eine beschwerliche Anfahrt bevor: Saint-Tropez liegt am Ende einer wunderschönen Badebucht, verfügt dadurch aber nur über eine schmalspurige Zufahrtsstraße, die den kompletten An- und Abreiseverkehr Tausender Urlauber und Tagestouristen aufnehmen muss. Daher empfiehlt sich entweder eine Anreise in den ganz frühen Morgenstunden oder aber gegen Abend, wenn einem der Abreiseverkehr entgegenkommt.
Noch besser ist natürlich, sich eine nahegelegene Unterkunft zu suchen. Entschädigt wird man auf jeden Fall mit feinstem weißen Sandstrand, spannenden Clubs und Szene-Lokalen, Hotels, Restaurants und hippen Boutiquen.
Lohnenswertes Ausflugsziel in der Region ist darüber hinaus Port Grimaud. Unweit davon entfernt finden sich die Ortschaften Saint-Maxime, Fréjus und Saint-Raphaël, die bei Tausenden von Campingreisenden besondere Wertschätzung genießen.
Und überhaupt empfehlen wir, die Weiterreise auf der idyllischen Uferstraße fortzusetzen, die o.g. Ortschaften miteinander verbindet. Von hier bekommt man den besten Eindruck über die Schönheit der Region und kann den Blick auf das azurblaue Mittelmeer und die zahlreichen Wassersportattraktionen genießen.
Nachdem wir Saint-Raphaël passiert haben, orientieren wir uns wieder an der A 8. Zu unserer Linken erstreckt sich das imposante Estérel-Gebirge mit seinen faszinierenden rötlichen Felsen. Hier erstreckt sich ein äußerst beliebtes Wandergebiet entlang der französischen Mittelmeerküste. Durch das Esterel-Massiv führen neben der Autobahn am nördlichen Rand nur zwei Hauptverkehrsstraßen, zum einen durch die Berge zwischen Fréjus und La Napoule und zum anderen entlang der Küste zwischen Saint-Raphaël und La Napoule. Die Küstenstraße Corniche d‘Or gilt allgemein als besonders sehenswert und bietet unglaublich schöne Aussichten auf das Meer und die Berge.
Wer kann, der Cannes...
Sobald majestätisch aufragende Pinien von karibisch anmutenden Palmen an der Autobahn abgelöst werden, ist Cannes nicht mehr fern. Wir erreichen die Filmfestspielmetropole über eine langgezogene Zufahrtsstraße, die direkt in die City und weiter zur Hafenbucht oder zu den Sandstränden führt.
Nicht selten liegen hier in der Bucht die gigantischen Kreuzfahrtschiffe verschiedener Schiffslinien einträchtig nebeneinander und wetteifern um die optische Vorherrschaft in den Augen der Strandbesucher. Die weltberühmte Croisette, Cannes angesagter Prachtboulevard, ist darüber hinaus magischer Anziehungspunkt sündhaft teurer Nobelhotels und -boutiquen der namhaftesten Modelabels Europas. Neben aller zweifellos vorhandener Dekadenz finden auch ganz normale Strandbesucher und Familienurlauber ihren gebührenfreien Platz auf den frei zugänglichen Strandabschnitten, um sich von hier aus im paradiesisch blauen Meer zu erfrischen.
Hier werden auch nahezu alle erdenklichen Wassersportarten angeboten und praktiziert. Die asphaltierte Strandpromenade bietet darüber hinaus nicht nur flanierenden Urlaubern, sondern auch allerlei Straßenkünstlern, Händlern und Roller Bladern eine Kulisse zur Selbstinszenierung – jedoch alles weitgehend mit Stil.
Überaus lohnenswert sind Ausflüge ins benachbarte Hinterland von Cannes: Le Cannet, Vallauris, wo der geniale und umtriebige Pablo Picasso sogar im Straßenbild seine Kunstwerke hinterlassen hat, Mougins oder das höhergelegene Grasse sind absolute Highlights von Tagesausflügen oder Kurzzeittrips.
Folgt man der Küstenstraße in Richtung Osten, so entdeckt man mit Juan-les-Pins und Antibes weitere sehenswürdige Ausflugsziele mit Kultcharakter. Wir erheben hier keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit beim Aufzählen der reichhaltigen Besucherstätten und Freizeitmöglichkeiten rund um die Filmfeststadt. Aber eine unserer unter diesem Eindruck entstandene persönliche Aussage erscheint uns dabei angebracht:
»Wer kann, der Cannes.«
Gut 45 Minuten benötigt man auf der A8 von Cannes nach Nizza (oder französisch liebevoll »Nice« genannt). Noch rasanter lässt sich die Strecke aber mit dem TGV, Frankreichs legendärem Expresszug, bewältigen: In 39 Minuten legt er die Strecke von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof zurück. Kostenpunkt für dieses ganz besondere Erlebnis:
7,90 Euro pro Strecke.
Unverzeihlich wäre es jedoch, dem imposanten Bergdorf Saint-Paul de Vence – etwa auf halber Strecke gelegen zwischen Cannes und Nizza – keinen Besuch abgestattet zu haben. Zumal deshalb, weil nicht nur das historische Örtchen, umrahmt von historischen Stadtmauern, ein echter Besuchermagnet ist, sondern auch die zu seinen Füßen gelegene Foundation Maeght.
Diese 1964 vom Pariser Kunsthändlerpaar Aimé und Marguerite Maeght gegründete Stiftung beherbergt eine der angesagtesten Sammlungen moderner Kunst. Ein Besuch dieses auf einem faszinierenden Ausstellungsgelände gelegenen Museums ist nicht nur für Kunstinteressierte geradezu obligatorisch. Auch dessen vom Katalanen José-Luis Sert stammende Architektur imponiert dank ihrer in rosa und weiß gehaltenen Außenhülle, an der auch Miró und Chagall mitgewirkt haben.
Den nachhaltig bleibenden Eindrücken dieser Ausstellung verdanken wir persönlich einen zuvor nie gekannten Blickwinkel auf die Kunst im Allgemeinen und im Besonderen – einfach einzigartig!
Gewissermaßen auf dem Weg dorthin oder auf dem Rückweg statten wir dem vom Maler Pierre-Auguste Renoir bewohnten Landhaus in Cagnes-sur-Mer einen Besuch ab: Hier befinden sich noch viele der vom Künstler genutzten Utensilien, und es scheint, als hätte er nur eine kurze Schaffenspause eingelegt.
Zurück nach Nizza:
Auch hier kann man einen schicken Badeurlaub verbringen. Besuchen Sie die berühmte Promenade des Anglais – beinahe ein heimlicher Kompromiss zwischen Kunst und Vergnügen: Ihren Namen verdankt diese heute achtspurige, acht Kilometer lange Uferstraße mit ihren imposanten Galerien, Geschäften und Luxushotels der ursprünglichen englischen Gemeinde, die 1830 den Baubeginn veranlasste und finanzierte.
Der geografischen Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Nizza bis 1860 noch italienisch war und nur eine gute halbe Stunde vom Fürstentum Monaco entfernt liegt.