09/2022

Energiesparen für alle

Außerordentliche finanzielle Herausforderungen für eine gesicherte Zukunft

Text: H. Malguth, Fotos: Adobe Stock

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Was kommt auf uns als Verbraucher zu?

41 Millionen Haushalte in Deutschland decken ihren aktuellen Energiebedarf zu rund 60 Pro-zent aus Erdgas, Öl und Kohle. Das ergibt sich aus Erhebungen des Bundeswirtschaftsministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Davon werden mehr als zwei Drittel der Energie zum Heizen von Räumen und das Aufbereiten von Warmwasser aufgewendet, das restliche Drittel zum Betrieb von Haushaltsgeräten. Spätestens in dem Augenblick, wo wir als Verbraucher in Form einer deutlich erhöhten Abrechnungs- und Nebenkostenabrechnung mit den Folgen der Energiekrise konfrontiert werden, wird uns allen bewusst, dass Energiesparen das Gebot der Stunde ist. Gebetsmühlenartig rufen uns Politik und Medien dazu auf, liebgewonnene Gewohnheiten zu ändern, ohne dass gravierende Einbußen an Lebensqualität die Folge sind. Wie soll das funktionieren?

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Verhaltensänderungen mit großer Wirkung:

Zunächst mal werden wir nicht umhin kommen, uns bewusster durch unseren Alltag zu bewegen. Warmwasser sparen, besser kurz duschen statt zu baden, die Wäsche mit 30°C statt mit 60°C oder gar 90°C zu waschen, können hier schon einen signifikanten Beitrag leisten. Wussten Sie beispielsweise, dass sogenannte Kurzprogramme für Spülmaschinen mehr Energie kosten als die regulären Spüldurchgänge? Das liegt daran, dass Geschirrspüler die verkürzten Laufzeiten mittels deutlich erhöhtem Energieverbrauch beim Aufheizen wettmachen.

In der überwiegend kühleren Jahreszeit kommt dem »richtigen« Lüften des Wohnraums wieder eine höhere Bedeutung zu. Wer die Fenster für längere Zeit »auf Kipp« stellt, sollte die Heizung konsequent ausmachen.

Die Raumtemperatur nur um ein Grad zu reduzieren, bringt bis zu sechs Prozent an Energie-ersparnis. Ungenutzte Wohnfläche sollte gar nicht geheizt werden, dazugehörige Türen verschlossen bleiben. Auch die Beleuchtung sollte bei dieser Gesamtbetrachtung nicht außen vor bleiben.  

Mal ehrlich: Wann haben Sie sich das letzte Mal mit den Verbrauchswerten Ihrer Heizung beschäftigt? Wer seinen Energieverbrauch für Heizung und Warmwasseraufbereitung kennt, ist zwar vor den Kostenerhöhungen nicht gefeit, kann aber das individuelle Einsparpotenzial besser einschätzen. Fordern Sie zeitnah eine aktuelle Heizkostenabrechnung an, um sich frühzeitig auf steigende Nebenkosten einstellen zu können. Erscheint Ihnen das aufgewiesene Zahlenwerk intransparent, scheuen Sie sich nicht, Verbraucherzentrale oder Mietervereine zwecks Beratung hinzuzuziehen. Da sich hier schon bald ein erhöhter Ansturm bemerkbar machen wird, sollten Sie sich auf deutlich längere Wartezeiten bei der Termin-vergabe einrichten.

Keine Frage: Die Kostenexplosion für Energie trifft uns als Verbraucher insgesamt. Daher sollte man den Sanitärinstallateur im Rahmen der jährliche Heizungswartung auf das Einsparpotenzial der Heizung ansprechen und ihn bitten, sich die energierelevanten Einstellungen nochmals ausführlich zeigen und erklären zu lassen. Den vom Fachmann durchgeführten sogenannten »hydraulischen Abgleich« Ihrer Anlage bezuschusst die Bundesförderung für effiziente Gebäude als Einzelmaßnahmen (BEG EM) beispielsweise mit 20 Prozent der Kosten. Aber auch hier gilt: Wartezeiten bei der Antragstellung sind einzukalkulieren...

Was gerade in Zeiten des boomenden sozialen Wohnungsbaus der 50er und 60 Jahre gang und gäbe war, kommt unfreiwillig wieder in Mode – das Abdichten von Türen und Fenstern. Wer ausgediente Dichtungen an Fenstern und Türen erneuert, reduziert Wärmeverluste. Auch Rollläden, innenliegende Jalousien und Vorhänge sorgen im geschlossenen Zustand dafür, dass kalte Luft draußen bleibt.

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Die Installation wassersparender Armaturen und smarter Thermostate in Bad und Küche kann deutlich zum geringeren Verbrauch beitragen. Mithilfe smarter, besser abzulesender Thermostate lässt sich die Temperatur in jedem Raum individuell einstellen.

Wenn Sie trotz des geringer werdenden finanziellen Spielraums darüber nachdenken, sich ein oder gar mehrere neue Haushaltsgeräte oder einen Fernseher anzuschaffen, achten Sie beim Neukauf auf das europaweit einheitliche EU-Energielabel.

Eigentümer und Vermieter sollten über die zusätzliche Dämmung von Außenwänden, Keller- und oberer Geschossdecken bzw. des Dachgeschosses nachdenken: Für derartige Maßnahmen an der Gebäudehülle (Wände und Dach) kann die »Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM)« beansprucht werden. Dazu ist allerdings eine fachliche Energieeffizienzberatung verpflichtend. Leider gestalten sich auch hier die Wartezeiten mittlerweile als deutlich länger. Aber denken Sie dabei einfach daran, dass Sie ja nicht allein in Hinblick auf die aktuelle Versorgungslage, sondern langfristig zu Gunsten künftiger Minderausgaben sparen.

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Ein mithilfe von Energieberatern und -beraterinnen aufgestellter Sanierungsfahrplan hilft, die erforderlichen Maßnahmen aufeinander abzustimmen und die Fördermittel zu erhöhen.

Auch Unternehmen und Kommunen sind dazu aufgerufen bzw. verpflichtet, sich den Herausforderungen der Energiekrise zu stellen. Zwangsläufig wird sich auch jeder Mitarbeiter, jede Angestellte künftig mit veränderten Bedingungen am Arbeitsplatz auseinandersetzen müssen. Wie immer, wenn man etwas nicht so ganz freiwillig tun muss, wird dies zu Unzufriedenheiten führen.

Hilfe für Geringverdiener und Arbeitslose

Bezieher von Arbeitslosengeld II müssen sich über ihre Heizkostenzahlungen keine Sorgen machen: Diese übernehmen in aller Regel die regionalen Jobcenter der Arbeitsagentur. Nur wenn eine Abrechnung außergewöhnliche Steigerungen aufweist, zieht das ein aufklärendes Gespräch nach sich. Unsere Vermutung: Da kommt noch eine ordentliche Lawine auf alle Beteiligten zu.

Beim Strom verhält es sich so, dass diese Kosten aus dem Regelsatz zu begleichen sind, den die Jobcenter auszahlen. Aus Teilen der Politik ist zu vernehmen, dass man sich für die Empfänger von ALG II eine andere Regelung wünscht, um finanzielle Anreize zum Gassparen zu schaffen. Hier wird man weitere Diskussionen erwarten dürfen, die dem sozialen Frieden nicht unbedingt dienlich sind...

Geringverdiener, die aufgrund zu leistender Mehrkosten für Gasabschläge in finanzielle Not geraten, können beim Jobcenter, Abteilung Leistungen zum Lebensunterhalt, eine fortlau-fende Unterstützungszahlung beantragen.

Trotz alledem – betrachten wir diese Energiekrise auch als Chance, Solidarität zu zeigen und in deutlich weniger Zeit erheblich mehr Positives zu bewirken als dies ohne diese Probleme in Alltag, Wirtschaft und Politik möglich wäre. Besondere Umstände erfordern nun mal besondere Anstrengungen. Frieden und Wohlstand gibt es nicht umsonst...

Quelle: Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

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