09/2023

Not macht erfinderisch

Dutch Design bedient die Bedürfnisse des Nutzers

Text: H. Malguth

Foto: Desirée Broekman

Wer sich mit der niederländischen Machermentalität beschäftigt, kommt unweigerlich zu dem Schluss, dass unser Nachbarland auf dem Gebiet des innovativen Designs ganz vorn mit dabei ist. Dabei geht es nie grundsätzlich – aber immer auch – um optische Kriterien. Die Erfolgsformel lautet eher »Form follows function« – die Form folgt der Funktion. Diese Einstellung spiegelt sich schon auf der ersten Seite des offiziellen niederländischen Reiseführers wider. Das Zitat »Wir haben unser Land dem Wasser abgerungen, Deiche gebaut und ganze Landstriche trockengelegt. Die Nieder- lande sind im wahrsten Sinne des Wortes ein „gemachtes“ Land.«

»Niederländische Designer geben sich nicht mit dem Status quo zufrieden. Nein, sie stellen die richtigen Fragen, um die passenden Problemlösungen zu finden. Dies ist der grundlegende Ansatz, von dem wir überzeugt sind,« findet Martijn Paulen. Er ist Direktor der Dutch Design Foundation und u.a.  für die Or-ganisation der alljährlich in Eindhoven veranstalteten Dutch Design Week zuständig. Im Rahmen dieser Messe werden Projekte unterschiedlichster Kategorien präsentiert und einem interessierten Publikum zugänglich gemacht.

Tipp: Die diesjährige Dutch Design Week findet vom 21. bis 29. Oktober 2023 in Eindhoven statt.

 

Das organisch geformte Blob-Gebäude, ein futuristischer Entwurf des Architekten Massimiliano Fuksas. Es ist ein Wahrzeichen Eindhovens und berühmt für seine Mischung aus Technologie, Design und Kultur. Foto: Adobe Stock

Wieweit das Thema Design auch in der Gesellschaft verankert ist, lässt sich daran ablesen, dass die niederländische Regierung es sogar in den jüngsten Koalitionsvereinbarungen erwähnt hat. Politische Verantwortliche streben darin einen stetigen Gedankenaustausch mit der Designindustrie an, um die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart anzugehen.

Beispielgebendes Design
Wer das Rietveld-Schröder-Haus (Foto siehe oben) in Utrecht von Fotos kennt, erahnt, wie weit niederländisches Design seiner Zeit voraus sein kann: 1924 vom niederländischen Architekten Gerrit Rietveld für die mit ihm befreundete Innenarchitektin Truus Schröder entworfen, zählt es seit dem Jahr 2000 zum UNESCO Welterbe. Das außergewöhnliche Gebäude gilt als architektonisches Meisterwerk der Kunstbewegung De Stijl – begründet von den Designikonen Piet Mondrian und Theo van Doesburg. Dabei spielen die Farben Rot, Blau und Gelb stets eine zentrale Rolle. Das Rietveld-Schröder-Haus wird selbst heute – beinahe 100 Jahre nach seiner Entstehung – noch als ultramodern eingestuft.
Auch in der Neuzeit erweisen sich die stilgebenden Architekten unseres Nachbarlands als ausgesprochen ideenreich. In der Gestaltung funktioneller Bürogebäude und selbst im Anlegen von Brücken und Auto- bahnen schauen Designer aus aller Welt mit Bewunderung auf die Kollegen aus den Niederlanden. Selbst an den Autobahnstraßen reihen sich mitunter innovative und schmuckvolle Stilbauten aneinander.

Der berühmte rot-gelb-blaue Stuhl von Gerrit Rietveld war in der ersten Version von 1918 ungefärbt und aus gebeiztem Buchenholz gefertigt.
Die ersten Sessel und rot-blauen Stühle wurden von Rietveld selbst in der Möbelwerkstatt an der Van Ostadelaan in Utrecht u.a. in Zusammenarbeit mit Gerard van de Groenekan hergestellt. 1925 übernahm van de Groenekan die Möbelherstellung und fertigte im Laufe seiner weiteren Karriere viele Rietveld-Möbelentwürfe an, darunter Kopien des rot-blauen Stuhls. 1972 erwarb der Möbelhersteller Cassina mit Sitz in Meda, Italien, die exklusiven Rechte zur Herstellung des rot-blauen Stuhls.

© Ditt.

Interior Design
Viele Konsumenten mit Genießerpotenzial ver- binden kreativen Anspruch mit gewissen Her- kunftsländern: So stehen italienisches Essen, französische Mode und deutsche Autos neben niederländischem Design bei den meisten hoch
im Kurs. Dabei verstehen es die Niederländer scheinbar am elegantesten, alle möglichen Einflüsse aufzusaugen und mit individuellen, attraktiven Zusatzattributen zu versehen, um
diese dann erfolgreich zu vermarkten.

So viel natürliches Licht wie möglich
Vielleicht haben Sie sich auch schon gefragt, warum die Häuser in Amsterdam, Utrecht oder Maastricht einerseits so große Fenster und andererseits nur selten Gardinen aufweisen. Auf jeden Fall verbessert viel Licht die Raumgestaltung und unterschwellig auch die Stimmung in den Innenräumen. Licht wird also auch als aktives Gestaltungselement ins Interieur eingebunden. Überhaupt sind die niederländischen Inneneinrichter bekannt dafür, das Draußen nach drinnen zu holen. Dies gelingt mit einem geschickten Griff in die Trickkiste: Natürliche Materialien und neutrale Erdtöne dienen als Kontrast zu modernen, bunten Designs.

© Vitra

Die Niederländerin Hella Jongerius ist ebenfalls eine gefragte Designerin. Ihre langjährige Zusammenarbeit mit Vitra hat für das Schweizer Unternehmen unter anderem das nach einer niederländischen Landschaft benannte Polder Sofa hervorgebracht. So lassen sich noch eine ganze Reihe erfolgreicher Designer auflisten, die hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:

©Marcel Wanders

Marcel Wanders (Foto rechts), Mart Stam, Piet Hein Eek und das Designkollektiv Studio Droog.
Sie alle stehen für ein niederländisches Design,
das sich innovativ, modern, funktional und mit
einer Prise Humor gewürzt präsentiert.

Gartendesign
Die Bedeutung niederländischer Designer in dieser beinahe ureigenen Disziplin der Gestaltung verdient an dieser Stelle, erwähnt zu werden. Allerdings würde es den Rahmen dieser Publikation sprengen, es mit der ihm zustehenden Ausführlichkeit und Wertschätzung auch nur grob zu umreißen. Deshalb haben wir uns entschieden, hier exemplarisch das Schaffen des Gartendesigner Marcel Wolterinck aufzugreifen

Fotos, Text: Marcel Wolterinck

Marcel Wolterinck
Die Welt schöner machen, indem man das gesamte Wohnerlebnis bis ins kleinste Detail lenkt – Marcel Wolterinck liebt solche Projekte – und das für Privat- und Geschäftskunden weltweit.
So startet er seine Karriere als Blumenbinder- meister mit dem höchsten Abschluss in Blumen- kunst. Lange Zeit betreibt er einen eigenen Blumenladen und sorgt von hier aus für die De- koration von Großveranstaltungen im In- und Ausland.

Sein guter Ruf eilt ihm voraus und verschafft ihm schon bald noch anspruchsvollere Aufträge: So wird er im Laufe der Jahre mit der Gestaltung der Innenräume exklusiver Häuser an den schönsten Orten der Welt beauftragt.
Der Übergang von der Floristik zum Interieur erfolgt dabei wie eine grundlegende Selbstverständlichkeit. Schon bald zählen Architektur, Gartendesign und Produktentwicklung zu Marcel Wolterincks Schaffen.
Daraus entwickelt sich ein High-End-Design-studio für Innen- und Außenarchitektur mit einem Showroom im Herzen von Laren: Der Wolterinck Store gilt seither als erste Adresse für Einrichtungsliebhaber aus aller Welt, um exklusive Möbel, Accessoires, wunderschöne Bildbände und Kunst aus dem In- und Ausland zu bewundern und käuflich zu erwerben. Der Stil und die Atmosphäre von Wolterincks Welt finden hier in wunderbar hohen Räumen, dem Garten und der Orangerie einen würdevollen Präsentationsrahmen.

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