09/2023

Prima Klima?

Ideale Temperaturen für unterwegs

Text: H. Malguth, Fotos: Adobe Stock

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Autofahrer bei Temperaturen über 35° C ein ähnliches Fahrverhalten an den Tag legen als stünden sie unter Alkoholeinfluss. So erweist sich die eingeschaltete Klimaanlage als wertvolles Sicherheitsmerkmal bei längeren Autofahrten. Gleichzeitig begründet diese Tatsache, weshalb mittlerweile mehr als 92% aller neu zugelassenen Fahrzeuge mit einer Klimaanlage ausgeliefert werden.

Zur Historie: Die Patentanmeldung der ersten Klimaanlage am 28. April 1914 erfolgt durch den 25-jährigen Willis Haviland Carrier. Er ist seinerzeit in den USA für eine Druckerei tätig ist. Im Drucksaal erweist sich die schwüle Luft insbesondere an warmen Sommertagen als großes Problem bei der Papierverarbeitung. Das feuchte und heiße Klima sorgt dafür, dass Papier wellig wird. Carrier entwickelt einen »Apparat zur Behandlung von Luft« und ersinnt damit den Prototypen aller modernen Klimaanlagen.
Seine Ausgangsidee dahinter: Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie tragen. Je kälter der Raum, desto weniger Feuchtigkeit ist darin enthalten. Ergo: Je kühler die Druckerei, desto glatter bleibt das Papier.
Mit seiner Erfindung gelingt es Carrier, den Wassergehalt und die Temperatur der Luft mit Kältemitteln wie Ammoniak und Schwefeldioxid so angemessen zu regeln, dass ein behagliches, nicht zu feuchtes, aber auch nicht allzu trockenes Klima entsteht. Seine Erfindung erzielt eine rasant zunehmende Aufmerksamkeit, und so vermarktet er sein Patent schon bald über seine neu gegründete Carrier Corporation.
Erste Interessenten sind Industrieunternehmen, doch schon bald kommt seine Entwicklung den Menschen direkt zugute. 1919 eröffnet in Chicago das erste klimatisierte Kino, in New York wird ein Warenhaus mit der Technik ausgestattet. Es dauert bis zum Jahr 1939, bis das erste Auto mit eingebauter Klimaregelung den amerikanischen Markt erobert.

Fluch und Segen zugleich
Um die Leistungsfähigkeit einer Klimaanlage dauerhaft zu gewährleisten, wird von Fachleuten deren regelmäßige Wartung im 2-Jahres-Turnus empfohlen. Da es sich bei Fahrzeug-Klimaanlagen um ein sogenanntes offenes System handelt, verflüchtigt sich das Kältemittel und verringert sich dadurch pro Jahr um acht bis zwölf Prozent. Die Folge: Die Kühlleistung nimmt ab, einzelne Druckschalter verstopfen. Bleibt dies langfristig unbeachtet, kann am Ende der Kompressor irreparablen Schaden nehmen und komplett ausfallen. Der erforderliche Austausch schlägt dann mit ca. 1.000 Euro zu Buche.
Bei fachmännisch durchgeführten Checks werden Klimaanlagen auch mittels Kaltlicht auf eventuelle Lecks und Beschädigungen untersucht. Diese sind häufig Ursache für den überdurchschnittlichen Verlust des Kältemittels. Der Fachmann rät, eine Klimaanlage ganzjährig einzuschalten, um eine Versprödung von Bauteilen zu vermeiden. Zudem macht man sich so im Sommer den Kühleffekt und im Winter den Vorteil der Entfeuchtung des Fahrzeuginnenraums zunutze.
Viele Autofahrer fürchten dadurch die überproportionale Zunahme des Kraftstoff- oder Energieverbrauchs. Gezielte Messungen haben ergeben, dass dies unzutreffend ist: Lediglich 0,4 bis 0,6 l pro 100 km beträgt der Mehrverbrauch beim Sprit. Bei geöffneten Seitenscheiben und aufgestelltem Schiebedach ist es immerhin ein Liter!
Wesentlicher Nachteil der weltweiten Verbreitung von Autoklimaanlagen: Heutige Kondensatoren bestehen nicht mehr wie einst aus standhaften Kupfer-Messing-Legierungen, sondern billigem Aluminium, das schnell verrottet. Hielten Kondensatoren früher oft 30 Jahre und länger, müssen neuzeitliche Systeme oft schon kurz nach Ablauf der Garantiezeit in die Werkstatt.
Diskussionen läst das in der EU zugelassene Kältemittel R1234yf aus: Unter bestimmten Bedingungen ist es stark ätzend und hochentzündlich. Das wiederum verteuert den Klimacheck – von derzeit rund 100 Euro auf künftig 300 bis 350 Euro. Aussichten, die uns einen kalten Schauer über den Rücken jagen...    

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