03/2022

Reichlich Gaudi in Barcelona

Ein Besuch in der stolzen Hauptstadt Kataloniens

Text: H. Malguth, Fotos: H. Malguth, Adobe Stock

® Adobe Stock

Wer erstmals die im Nordosten Spaniens direkt am Mittelmeer gelegene katalanische Metropole besucht, wird den Eindruck nicht los, dass nahezu sämtliche älteren Bewohner der Pandemie zum Opfer gefallen zu sein scheinen.

Zumindest wird das Stadtbild eindeutig von jungen Leuten beherrscht – in den belebten Straßen und nahegelegenen Strände nahezu rund um die Uhr. So bestimmt ein entsprechender Geräuschpegel dauerhaft zumindest die Akustik der großzügig angelegten Hauptstraßen.  Nur in den engen Gassen der pittoresken Altstadt bekommt man davon so gut wie nichts mit. Hier herrscht eine geradezu ehrfürchtige Ruhe.

In Barcelona empfiehlt es sich, das Auto auf einem sicheren Stellplatz in einem städtischen oder hoteleigenen Parkhaus abzustellen und möglichst erst am Abreisetag wieder zu bewegen. Wir raten, sich bereits vor Reiseantritt um die Online-Buchung eines entsprechenden Stellplatzes zu bemühen und die Adresse des Parkhauses schon im Vorfeld ins Navigationssystem einzugeben. Das ermöglicht einem eine entspanntere Anreise, wenn man mit dem eigenen Auto kommt. Freie Parkplätze am Straßenrand gelten als echte Rarität und werden nicht selten von Baufahrzeugen oder Dauerparkern blockiert. Das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel erweist sich der Geschäftigkeit der Bevölkerung meistens als gewachsen. Busse nutzen ihre eigenen Fahrspuren und befördern ihre Fahrgäste weitgehend planmäßig von A nach B. Darüber hinaus fahren Straßenbahnen und natürlich die Metro bis in die frühen Morgenstunden in kurzen zeitlichen Intervallen.

Omnipräsente Fortbewegungsmittel für den Individualverkehr sind Motorräder, Roller, Rollerskates sowie Skateboards, auf denen sich zahlreiche junge Leute mit lautem Rappeln über die Pflastersteine der breit angelegten Fußgängerzonen bewegen.

Hier erleben die bei uns völlig aus der Mode gekommenen Holzbretter mit den Polyurethan-Kunststoffrädern eine eindrucksvolle Renaissance.

Sehenswürdigkeiten

Seitdem das Stadtpanorama Barcelonas den Wettkampfstätten der Olympischen Spiele 1992 einen würdigen Rahmen verliehen hat, ist die katalanische Hauptstadt verstärkt in den Fokus internationaler Besucher gerückt.

Sie bevölkern in großen Reisegruppen oder individuell als Tages- oder Wochenendtouristen die zahlreichen Straßencafés, Museen, Freizeitstätten, Olympischen Einrichtungen, Shopping-Boulevards, Restaurants und Hotels.

Zwei berühmte Namen sind heute untrennbar mit Barcelona verbunden: Zum einen der des legendäre Architekten Antoni Gaudí (1852– 1926), dessen markanter und einzigartiger Architekturstil das Stadtbild auch fast hundert Jahre nach seinem Tod prägt. Und zum zweiten – auch wenn er der Stadt mittlerweile den Rücken gekehrt hat und in Paris sein Geld verdient – Starfußballer Lionel Messi.

Wie sehr ihn die Katalanen noch immer verehren, das dokumentiert ein gigantisches Transparent an einem Giebel der Passeig de Gracia, einer der längsten und prachtvollsten Einkaufsmeilen Europas.

Was Messi in fast zwei Jahrzehnten beim legendären FC Barcelona im größten Fußballstadion Europas, dem Camp Nou, mit seinen begeisternden Toren geleistet hat, verblasst in den Erinnerungen vermutlich rascher als das architektonische Vermächtnis des Antoni Gaudí. Dies erscheint beim Anblick der Jahrhundertbauwerke wie die Sagrada Familia, den Park Güell, das Casa Batlló oder das Landhaus Bellesguard und deren Bedeutung für den Tourismus in Barcelona jedoch absolut nachvollziehbar.

Stadion Camp Nou, Barcelona (®Adobe).
Fanshop am Barca Stadion.

Sagrada Familia

Auch Zeitgenossen, für die es unvorstellbar erscheint, sich stundenlang anzustellen, um einen Blick ins Innere eines Kirchenbauwerks zu erhaschen, verharren andächtig schweigend, wenn sie erstmals in diesem wirklich beeindruckenden Gotteshaus stehen. Auch nach heutigen Maßstäben mutet dieses einzigartige Bauwerk an wie eine von besonders einfallsreichen Visionären entwickelte Computeranimation. Wer sich mit der Entstehungsgeschichte der von unbeschreiblichem architektonischen Gigantismus geprägten Sagrada Familia beschäftigt, erfährt dies:

Die Anfänge dieses noch immer nicht fertiggestellten Meisterbauwerks gehen ins Jahr 1874 zurück. Damals entschließt sich eine lokale Organisation, zu Ehren der Heiligen Familie eine Kirche zu bauen. Nach einigen Jahren der Planung und Ausarbeitung von Entwürfen erfolgt am 19. März 1882 die Grundsteinlegung.

Unter Aufsicht des ursprünglichen Architekten Francisco de Paula del Villar y Lozano beginnen die Bauarbeiten. Nach kreativen Differenzen mit den Bauherren kündigt Lozano das Projekt und wird 1883 durch Antoni Gaudí ersetzt.

Aus dem ursprünglich neugotischen Entwurf entwickelt Gaudí eine modernistische Kreation, wie es sie in dieser Form noch nicht gegeben hatte.  Er beginnt mit dem Bau der Krypta – nicht ahnend, dass dies später der Ort wird, wo seine sterblichen Überreste begraben werden. Dank einer unerwarteten größeren Spende entwickelt er den Entwurf der Sagrada Familia von Beginn an als monumentales Bauwerk mit innovativen Formen, Strukturen und Bautechniken.

Ab 1914 konzentriert sich Gaudí ausschließlich auf dieses Monumentalbauwerk, das letztendlich sein größtes architektonisches Vermächtnis werden soll. Bis 1923 ist der Architekt mit dem Entwurf der Basilika beschäftigt. Im Jahr 1925 wird schließlich der erste Turm der Kirche an der Geburtsfassade vollendet. Tragischerweise sollte dies der einzige Turm sein, den Gaudí jemals sehen würde, da der berühmte Architekt am 10.Juni 1926 bei einem Verkehrsunfall mit der Straßenbahn verstirbt. Fast ein Jahrhundert später haben mehr als fünf Generationen von Architekten und Bauherren unermüdlich daran gearbeitet, Gaudis Werk zu vollenden. Im Jahr 2010 wird die Kirche dann offiziell von Papst Benedikt XVI. eingeweiht. Die Bauarbeiten sind da aber noch längst nicht abgeschlossen. Mittlerweile sind rund 70% der Sagrada Familia fertiggestellt. Aktuell wird an den 6 zentralen Türmen gebaut, die allesamt im Stil von Gaudís Entwurf realisiert werden sollen. Ob die für 2026 nach über 150 Jahren Bauzeit vorgesehene Fertigstellung »pünktlich« zum 100.Todestag seines genialen Erbauers erfolgen wird, erscheint sehr fraglich.

Begleiten Sie uns auf unserer Sightseeingtour zu den imposantesten Sehenswürdigkeit der Stadt. Für die vorgeschlagene Strecke mit einer Gesamtlänge von ca. 9 km ist eine Zeit von 4 bis 5 Stunden einzuplanen. Wenn man ein Fahrticket (eventuell als Kombination mit Eintrittskarten zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten auf dieser Strecke) für einen der Hop-on-Hop-off-Busse erwirbt, kann man diese Zeit nach Wunsch abkürzen und an der einen oder anderen Haltestelle zu Besichtigungen aussteigen und verweilen.

Palau Güell im Barri Gothic

Zentral gelegen – inmitten des gotischen Viertels von Barcelona, dem Barri Gothic oder auch El Gotic – befindet sich ein architektonischer Meilenstein Gaudís. El Gotic ist eines der ältesten Viertel in Barcelona und fasziniert durch seine kleinen, schmalen Gassen und alten Bauwerke. Unweit der Altstadt stoßen wir auf das erste beauftragte größere Bauwerk Antoni Gaudís,  – das Palau Güell. Das Stadthaus, das um 1890 herum erbaut wurde und auf der Liste des UNESCO Welterbes steht, weist schon viele erkennbare Elemente des für Gaudí typischen Stils auf.

Las Ramblas

Nur wenige Schritte sind es bis zu den bekanntesten Promenaden Barcelonas – den Ramblas. Berühmt und berüchtigt zugleich erweist sich dieser ca. 1,3 km lange Straßenzug als Mekka der Straßenhändler, Gaukler, Zauberer, Artisten Bettler und – Taschendiebe. Dennoch zieht dieses Eldorado katalanischer Betriebsamkeit täglich Tausende von Touristen an.

Santa Maria del Mar

Wir befinden uns noch immer im Barri Gotic. Vor uns erhebt sich eine der bekanntesten Kirchen Kataloniens, die Santa Maria del Mar. Ihre Bauzeit mit geradezu lächerlichen 55 Jahren ist sicherlich nicht weiter erwähnenswert. Interessanter ist hingegen, dass sie das Wahrzeichen Barcelonas repräsentiert. Möchte man dem Gotteshaus einen Besuch abstatten, empfiehlt sich – wie bei fast allen hier aufgeführten Sehenswürdigkeiten – der frühe Morgen oder der späte Abend. Dann muss man hier auch kein Eintrittsgeld mehr zahlen.

Barceloneta

Nirgendwo außerhalb der Ramblas finden sich so viele Restaurants und Bars wie in diesem jungen Stadtteil. Es lohnt sich, seine Exkursionen durch die Stadt von hier aus zu starten, um abends hierher zum Essen schmackhafter Tapas zurückzukehren.

Wir lassen die Sagrada Familia hinter uns und begeben uns nun weiter über die Prachtstraße Avinguda Diagonal, eine der bekanntesten Shoppingmeilen Barcelonas. Folgt man deren Verlauf, so gelangt man nach wenigen Minuten auf den Boulevard Passeig de Gràcia. Hier reihen sich die prächtigsten Einkaufspaläste der renommiertesten Labels aneinander. Das Preissegment ist entsprechend hoch. Daher findet sich hier auch vergleichsweise wenig Gastronomie, was man beim Schaufensterbummel entsprechend einplanen sollte.

Wir begeben uns zum Casa Milà, einem weiteren von Gaudí entworfenen Gebäude, das zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Wer eine Besichtigung des Interieurs plant, sollte sich auf den stolzen Eintrittspreis von 24€ einstimmen.

Ähnliches gilt für das bereits erwähnte Casa Batlló, eines der wohl berühmtesten und auffälligsten Bauwerke Gaudís aus dem Jahr 1877. Für den Eintritt werden mindestens happige 33€ fällig. Vermutlich zahlt man gleichzeitig eine Art »Anliegergebühr« für das an der Passeig de Garcià gelegene architektonische Meisterwerk.

Unser Tipp:

Deutlich preiswerter wird’s, wenn Sie Ihre Tickets im Voraus buchen. So kann man sowohl ein sogenanntes Gaudí Bundle, als auch den Barcelona Pass online erwerben. Das garantiert einem sowohl deutlich vergünstigte Eintrittspreise als auch den Eintritt generell. Beispielsweise werden in den Park Güell halbstündlich nur 400 Besucher eingelassen. In der Hochsaison führt das zu langen Wartezeiten. Es ist ratsam, die Tickets immer schon 2 Tage im Voraus zu kaufen.

Wer einen längeren Aufenthalt in Barcelona eingeplant hat, für den hält diese faszinierende Metropole noch unzählig viele weitere Sehenswürdigkeiten bereit:
den Park Güell, eine weitere Publikumsattraktion aus der Schaffenszeit von Antoni Gaudí.

Zum Park Güell geht es steil bergauf. Dieser Anstieg ist nur jenen zu empfehlen, die auch gut zu Fuß sind. Auch Radfahrern nötigt diese Anhöhe gehörigen Respekt ab. Alternativ sollte man das Taxi nehmen. Die nächste Buslinie führt leider nur in einiger Entfernung am Park vorbei.

Hat man die Strapazen einmal gemeistert, begegnet man in diesem bunten Park nicht nur den Touristen, sondern auch diversen Musikern und Künstlern. Deren Repertoire erreicht nicht selten annähernd professionelle Qualität. Im Park befindet sich auch das einstige Wohnhaus Gaudís, das er von 1906 bis 1925 bewohnt haben soll. Heute ist es zu einem Museum umfunktioniert, wo Besucher vom ehemaligen Hausherrn entworfene Möbelstücke und Zeitzeugnisse bewundern können.

Der Eintritt für den Park liegt bei vorheriger Online-Buchung bei verträglichen 10€ pro Person, für einen Besuch des Museums sind 7€ Aufschlag fällig. Neben der imposanten Architektur mit zahllosen fantasievollen Keramikmosaiken wird man mit einem tollen Panoramablick über die Stadt belohnt.

Unser Tipp:

Es lohnt sich, zum Park Güell Erfrischungsgetränke mitzunehmen. Es gibt kein Restaurant vor Ort. Unterwegs versorgen nur einige fliegende Händler die durstigen Passanten mit eisgekühlten Getränken – erfreulicherweise zu moderaten Preisen.

Empfehlungen, die satt und glücklich machen

Wenn man an den gastlich eingedeckten Terrassen der zahllosen Restaurants und Tapasbars vorbeischlendert, erliegt man automatisch deren Faszination.

Je nach Gusto ist es schier unmöglich, allgemein verbindliche Restaurantempfehlungen auszusprechen. Wir haben in Barcelona ausschließlich gute Erfahrungen gesammelt. Selbst unscheinbar wirkende Straßencafés mit einfachem Mobiliar zaubern überraschend schmackhafte Köstlichkeiten auf die Teller.

Bereits am ersten Abend hat uns die kleine Tapasbar La Casa de les LLettres (Doppel-L kein Schreibfehler!) restlos überzeugt. Hochmotiviertes Servicepersonal, schmackhafte Tapas, erstklassige Weine – ein stimmiges Gesamtpaket am Placa Antonio Lopez 6 (Einzugsgebiet zum Hafen im Stadtteil Barceloneta).

Sushi-Liebhaber werden sicherlich genau wie wir von der außergewöhnlichen Küche des Eljaponés Escondido (Minerva 2, Planta 1, in Barceloneta) schwärmen.

Mit einer tollen Terrasse und Hafenblick sowie reichhaltiger mediterraner Wein- und Speisekarte punktet das Merendero de la Mari (Placa de Pau Vila 1). Hier ist das Ambiente deutlich aufwendiger, was sich auf der Rechnung entsprechend niederschlägt. Trotzdem empfehlenswert!

Unser Fazit:

Die Gastroszene Barcelonas ist überaus vielseitig. Das Leben und somit auch die Mahlzeiten spielen sich bei überwiegend gutem Wetter unter freiem Himmel ab. Die katalanische Hauptstadt wird uns in allerbester Erinnerung bleiben – nicht zuletzt aufgrund ihrer sprichwörtlichen Gastfreundschaft.

Muchas gracias!

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