Südtirol
Urlaubsmetropole für alle Jahreszeiten
Text: Hartmut Malguth, Fotos: Desirée Broekman, Jacqueline Boomkamp, Henriette Malguth
Zahlreiche Reiseführer preisen Südtirol mit seinen vermeintlich 300 Sonnentagen im Jahr als eines von wenigen Reisezielen an, wo sich ein Aufenthalt in jeder Jahreszeit lohnt. Tatsächlich gilt die Region zwischen Meran, Brixen, Klausen und Bozen von Frühjahr bis Winter als ausgewiesene Touristenattraktion.
Insbesondere Meran ist aufgrund seines milden Klimas dafür bekannt, dass man in 325 m Höhenlage imposante Selfies vor üppigen Palmen schießen kann, während sich im Bildhintergrund schneebedeckte Zweitausender auftun. Dank ihrer preisgekrönten Architektur gilt die Bergbahn Meran 2000 als echtes Prestige-Projekt. Als Publikumsmagnet und nachhaltiges Beförderungsmittel gleichermaßen besitzt sie Strahlkraft für eine ganze Region. Jede Kabine verfügt über ein Fassungsvermögen von 120 Personen, die im Viertelstundentakt innerhalb von sieben Minuten auf die 2.000 Meter hoch gelegene Sonnenterrasse Merans befördert werden. Hier oben wird man belohnt mit einem inspirierenden Ausblick auf die majestätisch anmutenden Dolomiten.
Die Region gilt als ausgesprochen schneesicher und verspricht damit eine gute Investition in die Zukunft – allen Unkenrufen vom Klimawandel zum Trotz. Hier findet sich eine ideale Symbiose für Sommer- und Wintersporttreibende in unvergleichlicher Perfektion unmittelbar nebeneinander – mit der Perspektive, unterschiedliche Interessen zeitgleich miteinander zu verbinden.
Das fast mediterrane Wohlfühlklima Südtirols begünstigt zudem die Möglichkeit, Stadturlaub, Wintersport, Wellness und erstklassigen Genuss von Speisen und Getränken in unnachahmlicher Art und Weise in Einklang zu bringen.
Apropos Wellness: Wer bei booking.com den Begriff »Wellness Südtirol« in die Tastatur seines Mobiltelefons oder PCs eingibt, wird mit den Namen von beinahe 900 Unterkünften konfrontiert, die eine Sauna für ihre Gäste bereithalten. Dazu kommen nahezu 400 Wellness-Lounges, 385 Spas und ca. 750 Übernachtungs-Etablissements, die einen Pool ihr eigen nennen.
Flankiert wird die eindrucksvolle Bilanz Südtirols durch nicht weniger als 21 Restaurants, die mindestens einen Michelin-Stern aufzuweisen haben bzw. 127 Gourmettempel, die sich bei Gault & Millau wiederfinden. Für diese südlich des Brenners gelegene Region mit seinen ca. 530.000 Einwohnern kann sich das wahrlich sehen lassen.
Die Verkehrsanbindung
darf durchaus als beispielhaft und fortschrittlich angesehen werden. Der vielfach überstrapazierte Begriff »sanfte Mobilität« findet hier bereits heute seine nahezu komplette Verwirklichung:
Italiens nördlichste Provinz punktet mit einem ausgeklügelten Nahverkehrskonzept in 3-D-Anmutung, bestehend aus einem perfekt organisierten System aus Eisen- und Seilbahnen. Dies hält auch dem Vergleich mit dem Musterland des Schienenverkehrs – der Schweiz – absolut stand. Abgerundet wird es vom sogenannten Südtirolmobil-Liniennetz, einem landesweiten Verkehrsverbund, das aus vier Bahnstrecken und 200 Buslinien besteht und bis nach Österreich, in die Schweiz und ins Trentino reicht.
Um die ehrgeizigen Pläne eines kompletten Bahnnetzes zu vervollständigen, ist sogar die 2005 stillgelegte Vinschgaubahn wieder reanimiert worden und soll künftig voll elektrifiziert unterwegs sein.
Das 4-Jahreszeiten-Urlaubsparadies
ist keine Wortschöpfung von einfallsreichen Marketingexperten, sondern für Zigtausende von Urlaubern erlebbare Realität. Neben dem bereits erwähnten Wellness-Programm bezieht Südtirol seinen Reiz aus der unschlagbaren Kombination von Erholung und Aktivurlaub. Wer hier als Spaziergänger, Radfahrer, Kletterer, Langläufer, Wanderer oder Skiläufer nicht auf seine Kosten kommt, ist selbst schuld. Hinzu kommen die unzähligen Panoramen für Foto- und Videoenthusiasten, die sich digital mit nach Hause nehmen lassen.
Schon im März lässt man sich von der ersten wärmenden Frühlingssonne verwöhnen und genießt kalte und warme Getränke auf den sich mit Menschen füllenden Terrassen in Bozen und Meran. In dieser Jahreszeit gestaltet sich der Tagesablauf besonders vielseitig: vormittags geht‘s sprichwörtlich auf die Piste. Man wedelt einen der zahlreichen präparierten Skihänge hinunter, um sich nachmittags mit dem Bike oder in Wanderschuhen an duftenden Magnolienbäumen, Palmen und Zypressen vorbei im Tal auf Aussichtstour zu begeben. Die kulturellen Besonderheiten im Vinschgau und die imposanten Burgen und Schlösser entlang der Südtiroler Weinstraße sowie das mediterrane Flair am Kalterer See machen diese Ausflüge unvergesslich.
Im Sommer erliegt man dem Reiz der Weinberge und Badeseen oder widmet sich dem Besuch der nahegelegenen Metropolen, die stets eine unverkennbare Gemütlichkeit ausstrahlen und kulinarisch Reichhaltiges zu bieten haben.
Im Herbst präsentiert sich Südtirol in spektakulären Farben. Wer jetzt mit dem Rad oder als Wanderer unterwegs ist, genießt noch immer eine wärmende Herbstsonne. Die Abende verbringt man in höhergelegenen Hütten oder einem der zahllosen Restaurants im Tal von Meran, Bozen, Klausen oder Brixen.
Wenn dann die ersten kühleren Temperaturen den nahenden Winter ankündigen, freut man sich auf die ersten gemütlichen Abende am Kaminfeuer und den Wiederbeginn der nächsten Skisaison. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, auf das eigentliche Eldorado des Wintersports dieser Region zu verweisen:
Cortina d’Ampezzo
liegt am südöstlichen Zipfel Südtirols und gehört somit streng genommen zur Provinz Veneto. Erwähnenswert ist dieser 6.000 Einwohner zählende Ort insbesondere wegen seiner touristischen Bedeutung als Hochburg des Wintersports schlechthin. Hier trifft sich alljährlich der Jetset im »St. Moritz Italiens«, um sich publikumswirksam in Szene zu setzen. Das Preissegment ist entsprechend hoch. Das hält offenbar niemanden davon ab, zumindest einmal einen Abstecher hierher zu unternehmen.
An manchen Tagen halten sich bis zu 50.000 Tagestouristen in Cortina auf.
Seinen hohen Bekanntheitsgrad verdiente sich der beschauliche Ort mit dem mondänen Stadtkern als Austragungsstätte der Olympischen Winterspiele 1956. Zahlreiche der damaligen Wettkampfstätten sind noch heute in Betrieb. 70 Jahre später erfährt dies nun eine Renaissance, wenn Cortina d’Ampezzo und Mailand gemeinsam als Gastgeber von Olympia 2026 auftreten werden.
Bozen (Bolzano)
ist die mit Abstand größte Stadt Südtirols. 107.000 Einwohner und Zigtausende von Besuchern schätzen die von alpinen und mediterranen Einflüssen geprägte Metropole als Lebensmittel punkt, Einkaufsstadt und Erholungsort gleichermaßen. Bereits in der Römerzeit galt Bolzano als einflussreiches Zentrum für Architektur, Kultur, gutes Essen und Wein. Eingebettet von anmutigen Weinbergterrassen und den majestätischen Gebirgszügen der Dolomiten hat sich die Stadt mittlerweile auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine überregionale Bedeutung verschafft.
So zieht es nicht allein die Touristen, sondern auch viele namhafte internationale Unternehmen hierher. Auch wenn sich das Stadtbild stark gewandelt hat, so bewahrt sich Bozen bis heute den Charme einer sehenswerten Metropole.
Die Altstadt mit ihren kunstvoll verzierten Fassaden, Arkaden und Erkern ist unbedingt einen Besuch wert. Zahlreiche Läden und Boutiquen verkaufen italienische Mode, Marken-Sportartikel, edle Lederwaren einerseits und ausgefallene Dekoartikel, traditionelles Kunsthandwerk, Delikatessen und Weine aus der Region andererseits. Hier findet jeder ein passendes Souvenir oder Liebhaberstück.
Meran (Merano)
Anders als Bozen positioniert sich Meran noch stärker als typisches Urlaubsdomizil mit dem Charme eines klassischen Kurorts. Deutlich kleiner (40.000 Einwohner) als Südtirols Landeshauptstadt haben wir eingangs schon auf diverse Vorzüge hingewiesen, die einen kurzen oder auch längeren Aufenthalt absolut empfehlenswert erscheinen lassen. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs Ende August 2023 erwischen wir leider keinen der besagten 300 Sonnentage und müssen unsere Stadtrundgänge häufiger unter aufgespanntem Regenschirm absolvieren.
Das nehmen wir als willkommene Aufforderung für einen Besuch der Therme Meran gegenüber dem Kurhaus, das gleichzeitig als Wahrzeichen der Stadt dient. 25 teilweise von Thermalwasser gespeiste Innen- und Außenpools, zahlreiche Schwimmbecken, ein Seerosenteich sowie eine faszinierende Saunalandschaft verleihen dem Begriff Wellness hier nachhaltig Ausdruck. Idealerweise empfiehlt sich ein Besuch der Therme eher im Anschluss an die Begehung des 3 km langen Sissi-Wegs, der immerhin 45 Höhenmeter hinauf und ebenso steil wieder bergab führt. Bei günstigerer Witterung lohnt sich dann der Besuch von Schloss Trauttmansdorff und dessen weitläufigen Gartenanlagen. Einst residierte hier – zumindest in der Sommerzeit – Kaiserin Sissi, deren Lebensgeschichte der Sissi-Weg dokumentiert.
Exklusives Gastro-Highlight
Welchen Stellenwert die hohe Qualität von Speisen und Getränken für die Gastlichkeit Südtirols einnimmt, haben wir bereits erwähnt. Angesichts der dabei zum Ausdruck gebrachten Superlative ist man geneigt, nach den Raritäten und Besonderheiten dieser Region Ausschau zu halten. Was also hat Südtirol diesbezüglich zu bieten? Gibt es eventuell sogar ein Alleinstellungsmerkmal?
Auf unserer Reise entlang der A22 über unsere Zwischenstationen Brixen und Klausen in Richtung Süden erfahren wir von einer dieser Besonderheiten. Es handelt sich um die exzellente Küche des Rifugio Emilio Comici, einer in Gröden gelegenen Skihütte, genauer gesagt: In einem Bergdorf namens Plan de Gralba.
Die Spezialitäten auf der Karte machen uns neugierig: Exquisite Fischspezialitäten und Krustentiere – serviert in mehr als 2.000 m über dem Meeresspiegel! Dass sich dahinter eine besondere Historie verbirgt, lässt sich erahnen:
Als Gianni Marzola aus Grado an der Adria in den 50er Jahren seinen Militärdienst in Südtirol absolvierte, gefiel ihm die Gegend so gut, dass er beschloss, sich hier niederzulassen. Er kaufte eine nach dem tödlich verunglückten Bergführer Emilio Comici benannte Skihütte und etablierte dort einen Gastronomiebetrieb.
Da die Familie Marzola an der Adria einen florierenden Fischhandel betrieb, lag es nahe, daraus eine Tugend zu machen.
Heute führt Giannis Sohn Igor die einstige Skihütte als überregional bekanntes Gourmet-Restaurant, das auch im Gault & Millau lobende Erwähnung findet. Dass die Betreiberfamilie sein Etablissement nicht nur gastronomisch nahtlos in die Neuzeit überführt hat, unterstreichen die exzellente Speisekarte sowie die appetitmachende Website.
Die dort aufgeführte Programmübersicht verheißungsvoller Events unterstreicht die ambitionierte
Besonderheit dieser Location – zu finden auf:
www.rifugiocomici.com