09/2024

Werkstattprofis

So präsentiert sich ein Vorzeigebetrieb

Text: Hartmut Malguth, Fotos: Henriette Malguth

Heute führt unser Weg ins niedersächsische Löningen im Landkreis Cloppenburg, einem Ort mit rund 15.000 Einwohnern, der die Bezeichnung »Staatlich anerkannter Erholungsort« gewissermaßen im Stadtwappen trägt. Auch wenn hier keine klassischen Heilbehandlungen im Sinne von Kuren angeboten werden, so versteht man sich in der Region überwiegend auf Erholung und Gesundheitsförderung.

Wer jedoch mit der Laufleistung seines Autos nicht zufrieden ist oder technische Probleme hat, der findet in der freien Kfz-Werkstatt Borchers im Gewerbegebiet Roevenkamp den nötigen Support.

Wirklich alt ist hier nur das Fahrzeug: Thomas, Andreas und Walter Borchers vor einem Opel Kadett, Baujahr 1935

Werkstattinhaber Andreas Borchers klärt uns gleich zu Beginn unseres Besuchs darüber auf, dass er persönlich nicht die Koryphäe für Fahrzeugprobleme verkörpert, weil seine Vita einen kaufmännischen beruflichen Werdegang außerhalb der Kfz-Branche aufweist.

Was hat Sie dann bewogen, den Betrieb von Ihrem Vater zu übernehmen?
Ich war eigentlich schon von Beginn an hier involviert und für den kaufmännischen Bereich verantwortlich. Nach meinem Feierabend bin ich stets zwischen meinem langjährigen Arbeitsplatz hier im Ort und der Werkstatt gependelt und habe mich um das Auftrags- und Rechnungswesen gekümmert. Der jüngere Bruder meines Vaters, Thomas Borchers, ist Kfz-Meister und hier als Werkstattleiter tätig. So bleiben auch nach dem altersbedingten Ausscheiden meines Vaters die wesentlichen Bereiche des Unternehmens fest in familiärer Hand. Das funktioniert sehr gut. Wir haben uns als Kfz-Fachbetrieb mit mittlerweile 15 Beschäftigten gut etabliert.  

Sie kennen sich aber mit den wesentlichen technischen Merkmalen am Auto aus?
In der Theorie: Ja. Aber mal ganz ehrlich – ich habe, seitdem ich hier arbeite, noch nie einen Ölwechsel selbstständig durchgeführt. Das sollen die Kollegen übernehmen, die‘s gelernt haben. Aktiv helfe ich maximal beim Räderwechsel oder bei der Fahrzeugüberführung.  

Gute Laune gehört auch in der Auftragsannahme zum selbst auferlegten Unternehmensprinzip.

Auch von Oldtimern? Wir haben auf Ihrem Betriebsgelände ein historisches Exemplar gesehen.
Dabei handelt es sich um einen Opel Kadett aus dem Jahre 1935. Das Prachtexemplar ist einem benachbarten Unternehmen seinerzeit zum 50. Betriebsjubiläum geschenkt worden. Es diente jahrzehntelang  – ohne Öl, Kraftstoff und eingebaute Batterie – ausschließlich repräsentativen Zwecken. Nun haben wir die Aufgabe, das Schätzchen mobil zu machen, weil es verkauft werden soll.

Kommt so etwas häufiger vor?
Wir kennen uns mit Oldtimern aus und beherbergen tatsächlich auch einige davon in einer separaten Halle.

Wo sehen Sie die Kernkompentenz Ihrer Werkstatt?
Wir kooperieren mit sehr vielen Versicherungen und haben uns einen Namen mit der Reparatur und Wiederaufbereitung von Unfallfahrzeugen gemacht.

Lackierungen inklusive?
Lackarbeiten vergeben wir an einen Fachbetrieb in der näheren Umgebung.

Das Borchers-Team: Kfz-Meister Thomas Borchers, Hildegard Beckmann, Auszubildende Ilona Triebelhorn, Seniorchef Walter Borchers, Katrin Lau, Klärchen Borchers, Lukas Korf, Hubert Eilermann, Martin Munoz, Andreas Lorenz, Christoph Flerlage, Marcel Ramler, August Dralle, Geschäftsführer Andreas Borchers und natürlich Hund Elli. Es fehlt der Auszubildende Jonas Thomes.

Hat Ihr Vater den Betrieb an diesem Standort gegründet?
Nein, von 2001 bis 2005 hat er zusammen mit einem Mitarbeiter die Werkstatt genau gegenüber auf der anderen Straßenseite betrieben, ehe wir hier neu gebaut haben. Schon damals hat er den Betrieb in seiner heutigen Größe geplant und realisiert, weil sich abzeichnete, dass diese Fläche eines Tages benötigt werden würde. Das hintere Werkstatttor ist dann später noch dazu gekommen.  

Bietet Ihr Unternehmen auch den Service für größere Fahrzeugflotten oder Reisemobile?
In unserer Region sind tatsächlich viele namhafte Firmen ansässig, die über eine entsprechend hohe Anzahl von Fahrzeugen verfügen. Gleiches gilt entsprechend für das Artland und Emsland als Reiseziel, wo es eine Dichte von Wohnmobilen gibt, die erfahrungsgemäß in irgendwelchen Scheunen auf ländlichen Gehöften überwintern und dann zum Frühjahr fahrbereit gemacht werden müssen. Unsere Hebetechnik in der Werkstatt und der zuständige Prüfer der Dekra ist auch für diese Fahrzeuggrößen spezialisiert.

Sie schilderten uns, dass Sie mit Ihrem Personal sehr zufrieden sind und auch selbst ausbilden...
Ja, wir sind in der glücklichen Lage, dass wir uns einen guten Ruf als Unternehmen erworben haben. Dadurch gelingt es uns auch, jüngere Mitarbeiter von uns zu überzeugen. Erst vor wenigen Wochen hat einer unserer Mechatroniker seinen Abschluss zum Kfz-Meister gemacht und wird uns künftig als Führungskraft in der Werkstatt verstärken.

Welche Bedeutung hat für Sie die E-Mobilität?
Aktuell spielen diese Fahrzeuge bei uns noch eine untergeordnete Rolle. Da wir jedoch auch ausgewiesener Profibetrieb für Autoglas sind, kommt es häufiger vor, dass wir auch E-Mobile in der Werkstatt bedienen. Dafür verfügt unser Personal über die fachlichen Voraussetzungen. Ich vermute mal, dass dieses Fahrzeugsegment erst nach Ablauf weiterer zwei, drei Jahre verstärkt den Weg zu uns findet, wenn die Modelle aus dem Leasing heraus sind und die Werkstattbindung wegfällt.

Es ist offensichtlich, dass Ihr Betrieb gut dafür gerüstet ist: Ladesäulen sind bereits vorhanden…
Wir haben bereits in die erforderliche Infrastruktur investiert. Wenn ein Kunde mit einem Elektrofahrzeug kommt, erhält er von uns auf Wunsch auch ein E-Mobil als Werkstattersatzwagen. Diese Anforderung kommt derzeit aber nur auf uns zu, wenn ein Räderwechsel oder eine Glasreparatur anstehen. Das klassische Servicegeschäft erwarten wir erst in den nächsten Jahren. Wir sind jedenfalls bereit!

Was steht für Sie und Ihr Unternehmen aktuell noch auf dem virtuellen Wunschzettel?
Der Tag müsste mehr als 24 Stunden haben! Ich bin täglich von morgens 7:00 bis abends um 19:00 Uhr hier und weiß doch jedesmal, dass ich wieder nicht alles erledigt habe.

Sie beschäftigen offensichtlich ein ansehnlich großes  Team. Wie gelingt es Ihnen, Personal anzuheuern?  
Wir bewegen uns hier in einer eher ländlichen Umgebung mit ausgewiesenem Niedriglohnsektor. Wenn man als Arbeitgeber bereit ist, etwas mehr zu zahlen als der Durchschnitt, ist man allgemein auch personell vorne mit dabei. Ich könnte tatsächlich noch zehn weitere Mechatroniker gebrauchen. Es fehlt uns dazu jedoch der Platz, weitere Bühnen zu installieren. Darüber hinaus beschäftigen wir zwei Auszubildende, die auch vernünftige Arbeitsbedingungen vorfinden sollen, damit sie weiterhin Spaß an ihrer Arbeit behalten. Wir haben hier noch reichlich Ausdehnungsmöglichkeiten, um uns zu vergrößern. Trotzdem weiß niemand, wo die Reise für die freie Werkstatt in Zukunft hingehen wird. Man muss auf der einen Seite alles schaffen. Andererseits möchte man auch nicht nur arbeiten. Das gilt für mich genauso wie für unser Team. Da erscheint es mir geboten, auch mal mit dem Ist-Zustand zufrieden zu sein.

…und die verfügbare Technik liefert dafür bekanntlich ja auch eine wirkungsvolle Unterstützung.
Genau – effiziente Software und Organisationsprogramme von WM SE helfen uns dabei, Werkstattabläufe zu perfektionieren.  

Verkaufen Sie auch Fahrzeuge?  
Ja, darum kümmere ich mich überwiegend, ohne dabei den Ansatz zu haben, stets hundert und mehr Fahrzeuge hier auf dem Gelände präsentieren zu müssen. Sämtliche Autos, die wir verkaufen, sind zuvor von unseren Kunden konkret angefragt worden. Das heißt im Klartext: Der Kunde kommt auf mich zu, nennt mir sein Wunschfahrzeug und seine Preisvorstellung und ich versuche, es zu besorgen.  

Wie darf man sich das in der Praxis vorstellen?  
Wir besuchen einschlägige Autobörsen und ersteigern dort die entsprechenden Fahrzeuge. Dann checken wir sie hier im Betrieb durch, sorgen für die TÜV-Abnahme und übergeben sie gewissermaßen als Rundum-sorglos-Paket an unsere infrage kommenden Kunden.  

Wer übernimmt bei Ihnen die sonstigen Zuständigkeiten?
In erster Linie natürlich mein Onkel Thomas, der jüngere Bruder meines Vaters. Er kümmert sich in seiner Funktion als Werkstattleiter um die Bestellung der benötigten Ersatzteile.

Ist er der einzige Kfz-Meister bei Ihnen?
Nun, da ist natürlich noch immer mein Vater, der ebenfalls Meister ist und aushilft, wenn wirklich Not am Mann ist. Und demnächst kommt hoffentlich noch ein weiterer Kfz-Meister dazu: Dabei handelt es sich um unseren Mitarbeiter Lukas, der den Lehrgang gerade abgeschlossen hat, aber noch nicht weiß, ob und mit welchen Noten er bestanden hat.

Das signalisiert uns aber auch, dass Sie Ihren angestammten Mitarbeitern eine längerfristige Perspektive bieten…
Das ist auf jeden Fall so. Viele Kollegen sind bereits unter der Regie meines Vaters hier tätig gewesen und noch immer mit dabei. Es ist besser, altgediente Mitarbeiter zu halten als ständig neue suchen zu müssen.

Dann scheinen Sie in den neun Jahren, seitdem Sie hier verantwortlich sind, eine gelebte Tradition fortzusetzen…
Das freut meinen Vater natürlich auch, wenn ich mir diesbezüglich ein wenig Mühe gebe!

Also – weiter so, Herr Borchers – und alles Gute für die nächsten Jahre.

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